Was ist Glück?
Sind sie selbst auch Stoiker?
Seneca fasziniert mich wegen seiner sprachlichen Brillanz. Wenn man die antiken Glückslehren kennt, dann haben sie schon eine hohe Plausibilität. Das Plausibelste ist immer der Autarkie-Begriff. Eine gewisse innere Unabhängigkeit ist Glück. Sich nicht zu sehr an Dinge hängen und auch damit rechnen, dass Dinge, die einem ganz wichtig und teuer sind, unter Umständen gefährdet sind, zum Beispiel die Familie, ein gewisses inneres Wappnen gegen Unglücksfälle. Das nennen die Stoiker “praemeditatio malorum” – vorausdenken, dass es auch einmal schlechter sein könnte. Das ist aber sehr schwierig, denn wenn man es zu sehr tut, dann verdüstert es das gegenwärtige Glück.
(Karlheinz Töchterle, Der Standard, 21. Juni 2011)