Autobiographie?

Welche Überschrift soll deine Autobiographie tragen?
Keine. Also ich werde hoffentlich – hoffentlich nie eine Autobiographie schreiben. Das ist immer Imagepflege.
Autobiographien halte ich für völlig uninteressant.
(Arno Geiger)

Was ist Glück?

Sind sie selbst auch Stoiker?

Seneca fasziniert mich wegen seiner sprachlichen Brillanz. Wenn man die antiken Glückslehren kennt, dann haben sie schon eine hohe Plausibilität. Das Plausibelste ist immer der Autarkie-Begriff. Eine gewisse innere Unabhängigkeit ist Glück. Sich nicht zu sehr an Dinge hängen und auch damit rechnen, dass Dinge, die einem ganz wichtig und teuer sind, unter Umständen gefährdet sind, zum Beispiel die Familie, ein gewisses inneres Wappnen gegen Unglücksfälle. Das nennen die Stoiker “praemeditatio malorum” – vorausdenken, dass es auch einmal schlechter sein könnte. Das ist aber sehr schwierig, denn wenn man es zu sehr tut, dann verdüstert es das gegenwärtige Glück.

(Karlheinz Töchterle, Der Standard, 21. Juni 2011)

In einem durchlässigen Moment

Gedichte können so viel aussagen …

Es hätte geschehen können.
Es hat geschehen müssen.
Es war schon früher geschehen. Später.
Näher. Ferner.
Es ist nicht dir geschehen.

Du überlebtest, denn du bist der erste gewesen.
Du überlebtest, denn du bist der letzte gewesen.
Weil selbst. Weil die andern.
Weil nach links. Weil nach rechts.
Weil Regen fiel. Weil Schatten fielen.
Weil die Sonne schien.

Zum Glück gab’s den Wald.
Zum Glück keine Bäume.
Zum Glück das Gleis, den Haken, den Balken, die Bremse,
die Nische, die Kurve, den Millimeter, eine Sekunde.
Zum Glück schwamm ein Strohhalm im Wasser.

Infolge, deswegen, dennoch, trotzdem.
Was wär’, wenn die Hand, das Bein,
einen Schritt, eines Haares Breite
vom Zufall.

Du bist also da? Stracks aus dem eben noch durchlässigen Moment?
Das Netz hatte eine Masche, und du durch diese Masche?
Ich kann nicht genug darüber staunen und schweigen.
Höre,
wie schnell mir dein Herz schlägt.

‘Alle Fälle’ von Wislawa Szymborska


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Mathematik und Glück

‘Glück’ heisst beim Mathematiker ‘Varianz’ und ist eine auf Kommazahlen genau berechenbare Grösse. Trotzdem glauben die Menschen an ihr Glück und an ihr Schicksal. Der Mathematiker und Bestsellerautor Rudolf Taschner hat sich viel mit der Frage beschäftigt, warum wir zufällige Ereignisse auf uns persönlich beziehen und dahinter eine schicksalhafte Lenkung vermuten.
(aus einer Sendung am Mo 14. 2. 2011)

Ins Glück stolpern

Was ist das Ziel unseres Lebens? Das Erleben von Glück. Die Glückssuche ist in vielen Köpfen – in allen Köpfen. Das Glück kann man nicht mit intelligenter Lebensplanung ergattern, nein – ein Hineinstolpern ins Glück muss man zulassen. Daniel Gilbert (Harvardprofessor für Psychologie) ist der Autor eines Buches – es ist sogar das Wissenschaftsbuch des Jahres 2007 -, das eine subtile Analyse zum Thema Glücksformel bietet. Er benützt dafür neueste psychologische Erkenntnisse und schreibt das alles in einer lockeren Sprache. Schon deshalb konnte jemand formulieren: Wenn Sie über dieses Buch ’stolpern’, sind Ihnen viele Portionen Freude sicher.

Dieses Buch gibt es als Taschenbuch bei Goldmann und gebunden beim Riemann-Verlag.

l’im-possible

Das Un-Mögliche (l’im-possible), von dem ich häufig rede, ist nicht das Utopische.
Das Un-Mögliche gibt dem Wunsch, der Handlung und der Entscheidung die
Bewegung. Das Un-Mögliche ist die Figur des Wirklichen selbst. Es hat deren
Härte, Nähe und Dringlichkeit. Das Un-Mögliche, wie ich es in zahlreichen
neueren Texten interpretiere, das ist die Dringlichkeit des Augenblicks,
hier und jetzt, in den einzigartigen Situationen.
(Jacques Derrida, in der “Zeit”, 1998)

l’im-possible

Das Un-Mögliche (l’im-possible), von dem ich häufig rede, ist nicht das Utopische.
Das Un-Mögliche gibt dem Wunsch, der Handlung und der Entscheidung die
Bewegung. Das Un-Mögliche ist die Figur des Wirklichen selbst. Es hat deren
Härte, Nähe und Dringlichkeit. Das Un-Mögliche, wie ich es in zahlreichen
neueren Texten interpretiere, das ist die Dringlichkeit des Augenblicks,
hier und jetzt, in den einzigartigen Situationen.
(Jacques Derrida, in der “Zeit”, 1998)

Eine Rechtfertigung des Zufalls

Odo Marquart schreibt in seinem Büchl: Apologie des Zufällingen:

Einer der schlimmsten Feinde von Freiheit und Würde des Menschen scheint der Zufall zu sein. Indes, ich möchte hier ein gutes Wort einlegen für den Zufall: für das Zufällige.
Spreche ich also gegen Freiheit und Würde des Menschen? Keineswegs.
Ich meine nur: es wäre ein Zeichen mangelnder Freiheit, wenn der Mensch unwürdig über seine Verhältnisse lebte: über die Verhältnisse seiner Endlichkeit. Will er das nicht, so muss er das Zufällige anerkennen.